Können sie das nicht reparieren...
Written by grauhut
Mein Telefon klingelt. Da wir gerade unsere Runde Dota 2 beendet haben und bis zur Mittagspause kein weiteres Match schaffen, hebe ich den Hörer vom Apparat.
“Hallo” ruft mir der Nutzer freundlich entgegen. “Wilbert, aus dem Marketing hier.”
“Netzwerk- und Systembetreuung was kann ich” sage ich und lege auf.
“Wozu war das jetzt?” fragt Jessy verwundert. Sie sitzt hinter ihrem Schreibtisch und schraubt gerade die Sicherheitsschalter aus dem elektrischen Tacker, den sie vor einigen Tagen aus der Logistikabteilung befreit hat.
“Lege immer auf während du sprichst. Dann wirkt es so, als ob es ein Problem mit der Leitung gibt.” merke ich an.
“Er wird wieder anrufen.” wirft sie ein.
“2 Minuten, sieben oder mehr Anrufe.” sage ich und lege einen 10€ Schein auf den Tisch.
“Halte ich.” sagt sie und legt einen Schein daneben, als das Telefon wieder klingelt.
“Hallo? Wilbert hier.” ruft der verwirrte Anrufer.
“Netzwerk- und Systembetreung was ka” klick
Sechs Minuten und zwanzig Euro in meiner Tasche später klopft es an unsere Tür. Ich lasse den Besucher ein.
“Wilbert. Guten Tag. Ihr Telefon muss gestört sein.” keucht der verschwitzte Nutzer. Offenbar musste er die Treppen benutzen, da die Aufzüge nicht in der Marketingetage halten wollten.
“Und sie sind den weiten Weg gekommen um mir das mitzuteilen?” frage ich unschuldig.
“Wie? Nein!” sagt er. “Es geht um die Kälte.”
“Kälte?” frage ich.
“Ja. In der Etage ist es seit einigen Tagen so kalt.”
“Und was soll ich Ihrer Meinung nach dagegen tun?” frage ich und wedele abwinkend mit der Hand in Richtung Jessy, die offenbar scharf darauf ist, ihren Tacker auszuprobieren.
“Die Klimaanlage wird doch auch durch Computer gesteuert. Sie können das doch sicher irgendwie reparieren.”
Ich hasse diese Sorte von Nutzern. Nur weil man die Innereien eines Computers anfassen kann, ohne dabei einen tödlichen Schlag zu erleiden, glauben sie, dass man jede Art von technischem Gerät reparieren kann, unabhängig davon, wie weit entfernt es noch mit Computern zu tun hat. Nichts desto trotz hat er völlig recht. Wir haben vor zwei Tagen die Temperatur in der Etage um rund 10°C gesenkt, nachdem ein Nutzer erklärte sein Notebook laufe ständig heiß.
“Das klingt nach einem Problem mit den thermooptischen Flüssigklimasensoren” erkläre ich und schicke ihn direkt in den Layer 8 Modus. “Ich schätze das wird sich ein Techniker anschauen müssen. In ein oder zwei Wochen.”
“EIN ODER ZWEI WOCHEN?” ruft der Kauz entsetzt. Offenbar hat er den Schlussverkauf für Islandpullies verpasst. “Kann man nicht irgendetwas tun? Als kurzfristige Lösung?”
“Nun… Es gibt einen Trick, den Sie auszuprobieren könnten.” murmele ich verschwörerisch. “Kennen sie die Thermosensoren der Klimaanlage?”
“Nein.” sagt er niedergeschlagen.
“Kein Problem. Es sind kleine Metallfühler mit einem Glasrohr und Flüssigkeit.” sage ich. “Sie müssen lediglich die Flüssigkeit erwärmen und die Klimaanlage wird aufgrund des Gates-Hellmann Gesetztes annehemen, dass es kälter wird. Nehmen Sie am besten ein Feuerzeug, dann dreht die Anlage schnell auf.”
Er bedankt sich murmelnd und verschwindet.
“Ich schätze wir haben noch drei Minuten bis zum Feueralarm.” lächele ich zufrieden.
“Fünf. Er muss nach oben und die Fahrstühle halten derzeit leider nicht in dieser Etage.” grinst Jessy und nimmt die Finger von der Tastatur. “Du zahlst das Mittagessen.”